Was Selektiven Mutismus besonders macht, ist der Wechsel zwischen dem Mutismuszustand und dem Zustand ohne Mutismus. Das ist ein guter Grund, mal ausführlich über die mutistische Blockade zu sprechen - in dieser Folge mit dem Fokus auf die Gemeinsamkeiten, die Mutisten mit allen anderen Menschen haben.
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Über mich
Ich bin Christine Winter
... und ich hatte Selektiven Mutismus, bis ich Mitte Dreißig war.
Heute unterstütze ich Erwachsene, die ihre Sprechblockaden hinter sich lassen wollen, sowie Familienangehörige und professionelle Helfer beim Mutismus verstehen.
Vierte und letzte Folge einer kleinen Serie, bei der wir den Mutismuszustand im Detail betrachten.
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Zusammenfassung der Folge
mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt
Diese Podcast-Folge ist Teil einer kleinen Serie über mutistische Blockaden. Mir ist wichtig zu betonen: Nicht alle Beispiele von Auswirkungen passen auf jeden Menschen mit Mutismus gleichermaßen – vieles stammt aus meinen eigenen Erfahrungen, einiges auch aus Berichten von anderen Betroffenen.
Mein Ziel ist nicht, eine allgemein verbindliche Definition zu geben, die ausnahmslos zutrifft. Mir geht es vielmehr darum, diesen besonderen Zustand durch eine breitgefächerte Beschreibung greifbarer zu machen; denn wer ihn nicht kennt, kann oft nur schwer nachvollziehen, was alles damit verbunden sein kann.
Aber vor allem will ich in dieser Folge darauf hinweisen, was nicht nur für Mutisten, sondern für alle Menschen gilt.
Unser Nervensystem strebt nach einem Gleichgewicht zwischen entspannter Aufmerksamkeit und Aktivierung bei Bedarf – wie bei allen Säugetieren gibt es Zustände der Überaktivierung (Stress) und Unteraktivierung (Blockade). Während Stress vielen vertraut ist, kennen weniger Menschen den Zustand der Unteraktivierung: Man wird ruhiger, zieht sich zurück; alles läuft zäher ab. Das passiert automatisch und lässt sich nicht willentlich steuern.
Für mich als Mutismus-Betroffene war früher die mutistische Blockade Alltag – sie fühlte sich normal an und war für mich eine alltägliche Erfahrung. Ganz und gar ungewohnt war es aber für mich, als ich zum ersten Mal echte Entspannung im Kontakt mit Fremden erlebte. Das war eine neue Erfahrung, die mich für eine ganze Weile sehr irritiert hat (bevor ich dahinter kam, dass das das "Normal" für Nicht-Mutisten ist).
Das Entscheidende beim selektiven Mutismus: Im Gegensatz zu anderen sehr gestressten Menschen verstummen Betroffene, wenn sie unter Druck (oder anders ausgedrückt: im Stress) sind und werden handlungsunfähig. Dass das für Mutismus-Betroffene tatsächlich ganz anders als bei gestressten Nicht-Mutisten macht dieses Symptom so besonders relevant für die diagnostische Unterscheidung.
Typische soziale Signale wie Nähe oder Augenkontakt können während einer Blockade bedrohlich wirken; jede Form von Erwartungshaltung löst zusätzlichen Rückzug aus. Daraus entsteht oft ein tiefes Gefühl von Einsamkeit – nicht weil niemand da wäre, sondern weil echter Kontakt unmöglich erscheint.
Ich hoffe, dass dieser Blickwinkel hilft zu verstehen: Der Unterschied zwischen Betroffenen und Nicht-Betroffenen ist vielleicht gar nicht riesig - aber trotzdem ist Mutismus für Außenstehende nicht intuitiv verständlich und muss daher mit Geduld und Nachsicht erklärt werden.