Nicht nur Mutisten verweigern nicht.
NIEMAND verweigert.
Jeder tut sein Bestes (in dem Moment unter den gegebenen Umständen).
Jemanden zu verurteilen, weil sein Bestes nicht reicht, ist erstens sinnlos und zweitens zutiefst unmenschlich.
Und sich selbst zu verurteilen, ist noch viel schlimmer (und häufig die Folge von äußeren Urteilen).
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Über mich
Ich bin Christine Winter
... und ich hatte Selektiven Mutismus, bis ich Mitte Dreißig war.
Heute unterstütze ich Erwachsene, die ihre Sprechblockaden hinter sich lassen wollen, sowie Familienangehörige und professionelle Helfer beim Mutismus verstehen.
Verweigern ist eine aktive Entscheidung, eine Erwartung nicht zu erfüllen.
Mutismus heißt: Es gibt keine Entscheidung.
In dieser Folge vom Mutismus-Podcast
muss ich mal loswerden, warum ich mich immer wieder aufrege, wenn jemand behauptet, dass Mutisten “sich verweigern”.
Denn Mutismus heißt, dass Sprechen nicht geht - und “verweigern” würde bedeuten, dass sich jemand bewusst und absichtlich dagegen entscheidet.
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Zusammenfassung der Folge
mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt
Selektiver Mutismus bedeutet, dass man nicht sprechen kann, obwohl man es möchte. Es handelt sich um psychisch bedingte Sprechblockaden. In dieser Episode erkläre ich meine Sichtweise auf den Begriff "Verweigerung" und warum er in diesem Kontext fehl am Platz ist.
Menschen stoßen oft an ihre Grenzen; das hat nichts mit bewusster Entscheidung zu tun. Auch außerhalb des Bereichs psychischer Probleme sehe ich als Kommunikationstrainerin Menschen scheitern, obwohl sie wollen – fast immer, weil die Situation für sie in dem Moment überfordernd ist.
Beim selektiven Mutismus gibt es keine Entscheidungsfreiheit zum Sprechen oder Nicht-Sprechen; es geht einfach nicht. Für Nicht-Mutisten ist oft gar nicht nachvollziehbar, was das Problem ist. Aber für Betroffene sind auch vermeintlich simple Situationen manchmal unüberwindbar.
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Ein Schüler hat sich beim Sport überanstrengt und kann nicht mehr – niemand würde ihm Verweigerung unterstellen. Wäre das auch so, wenn jemand frühzeitig merkt, dass er sich überanstrengen wird und schon langsam macht, bevor er hilflos wird? Würden wir es dann "Verweigerung" nennen oder "Gesunder Menschenverstand"?
Als Mutistin wurde mir oft Sturheit unterstellt für Dinge, die ich schlichtweg nicht konnte – sei es im Gespräch oder bei alltäglichen Aufgaben. Das führte im Laufe der Jahre dazu, dass ich selber geglaubt habe, ich würde "verweigern" und müsste mich mehr anstrengen - und das hat mich unter erheblichen Leistungsdruck gesetzt.
Es braucht ein Umdenken: Wenn jemand etwas nicht kann oder schafft aufgrund von Erschöpfung oder Überforderung, dann sollten wir Begriffe finden wie "Sprachlosigkeit", "Erschöpfung" oder vielleicht auch "Ausgebranntsein".
Das Wort "Verweigerung" kann ich überhaupt nicht leiden - und wenn du mich fragst, ist es eh falsch. Lass uns in Zukunft noch bewusster darauf achten, welche Worte passen, um die Erfahrungen von Mutisten zu beschreiben.