In Folge 125 ging es um die Wörter "Mut" und "Angst", die ich gern von Fachleuten im Austausch über Selektiven Mutismus seltener hören wollen würde.
In dieser Folge schaue ich in die umgekehrte Richtung: Welche Begriffe sollten mehr berücksichtigt werden?
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Über mich
Ich bin Christine Winter
... und ich hatte Selektiven Mutismus, bis ich Mitte Dreißig war.
Heute unterstütze ich Erwachsene, die ihre Sprechblockaden hinter sich lassen wollen, sowie Familienangehörige und professionelle Helfer beim Mutismus verstehen.
Drei unterrepräsentierte Begriffe und eine positive Überraschung
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Zusammenfassung der Folge
mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt
Ich habe in den letzten Wochen in Gesprächen mit Mutismus-Fachleuten, in Vorträgen und Veröffentlichungen bewusst hingehört und merke: Wichtige Begriffe, die ich tagtäglich verwende, kommen bei anderen Fachleuten oft überhaupt nicht vor.
Drei Begriffe stechen für mich besonders hervor.
- Überforderung
Überforderung spricht kaum jemand an.
Für mich ist sie zentral.
Mutismus lässt sich für mich nicht erklären, ohne auf die Überforderung der Betroffenen zu schauen - und mindestens ebenso die Überforderung der Eltern, Helfer und Freunde. - Hilflosigkeit
Für mich ist klar: In der mutistischen Blockade ist man hilflos. (Habe ich ja oft genug erlebt...)
In Fachkreisen wird das aber selten benannt.
Das führt zu dem Missverständnis, Betroffene sollten „mehr Mut“ zeigen. Eine Hilfe ist das nicht.
Die Frage lautet vielmehr: Kommt man aus der Hilflosigkeit in einen handlungsfähigeren Zustand? - Handlungsunfähigkeit
Hilflosigkeit führt bei den Betroffenen von Selektivem Mutismus unweigerlich zu umfassender Handlungsunfähigkeit.
Das Nicht-Sprechen ist für mich zwar das auffälligste Merkmal, aber gar nicht das eigentliche Problem. Denn wenn nichts mehr geht in einer mutistischen Blockade, dann geht wirklich NICHTS mehr.
Auch der Begriff "Kontakt" taucht in der Diskussion kaum auf, dabei würde er vieles erklären.
Sprechen gelingt nämlich nur, wenn Kontakt sicher ist.
Aber umgekehrt betrachtet entsteht Kontakt ganz von selbst in Begegnungen mit ausreichender Sicherheit - also sobald Überforderung, Hilflosigkeit und Handlungsunfähigkeit nicht da sind.
Ich beobachte im fachlichen Austausch aber auch eine meiner Meinung nach sehr positive Veränderung:
„Blockade“ ist als Begriff für den Zustand, in dem selektiv mutistische Menschen nicht reagieren können, angekommen
Vor zehn Jahren gab es dafür noch kein etabliertes Wort. Man sprach nur vom Mutismus und behandelte „den Mutismus“ wie eine konstante Eigenschaft. Heute sprechen mehr Fachleute von mutistischen Blockaden in Abgrenzung zum Normal-Zustand ohne Blockade.
Diese veränderte Perspektive ändert die Hilfe: Mehr Fokus auf sichere Situationen und den Normal-Zustand reduziert den Mutismus-Zustand.
Fazit:
Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis Begriffe wie Überforderung und Hilflosigkeit selbstverständlich werden, wenn wir über mutistische Blockaden sprechen. Aber die Entwicklung, dass mittlerweile immer verbreiteter „Blockade“ als Zustand gesehen wird, den es zu vermeiden gilt, statt am "Mutismus" herumzutherapieren, macht mir Hoffnung.